Compliance – der Grundpfeiler ethischen Wirtschaftsverhaltens

Nina Laskey ist seit fünfeinhalb Jahren Leiterin Interne Revision und Compliance bei dalli. Im Interview erklärt sie, welche Prinzipien und Grundwerte sie bei ihrer Arbeit prägen – und wie sie ihre Rolle im Konzern definiert.

„Für unser Familienunternehmen ist der langfristige Unternehmenserfolg wichtiger als kurzfristige wirtschaftliche Gewinne. Diese Haltung unterstützt auch die Umsetzung einer Compliance-Kultur.“

Nina Laskey, Leiterin Interne Revision und Compliance bei dalli

Auf welche Grundpfeiler stützt sich Compliance bei dalli?

„Wir sind der Überzeugung, dass der uns vorgegebene Rechtsrahmen stets wichtige Schutzziele verfolgt, auch wenn dies bei der Betrachtung der einzelnen Rechtspflichten vielleicht nicht immer direkt und für jeden erkennbar ist. Darum ist es so wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen genau zu kennen. Daran arbeiten wir als Team auf der Grundlage unseres Compliance Management Systems, das sich an der ISO 37301 und dem IDW PS 980 orientiert. Dabei legen wir viel Wert auf den interdisziplinären Dialog mit verschiedenen Abteilungen wie zum Beispiel HR, Qualität und Rechtsabteilung und auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Wir verfolgen das Ziel, den dauerhaften erfolgreichen Fortbestand unseres Unternehmens sicherzustellen. Dafür ist die Compliance, also das Handeln in Übereinstimmung mit allen geltenden gesetzlichen Bestimmungen, Grundvoraussetzung.“

Worin sehen Sie die Herausforderungen für die Compliance bei der Umsetzung der dalli-Firmenstrategie? 

„Dass wir uns als Unternehmen mit immer neuen und umfassenden Vorgaben auf europäischer und nationaler Ebene auseinandersetzen müssen, macht die Compliance-Arbeit zunehmend herausfordernder. Für die Fachbereiche unseres Unternehmens ist es ohne Unterstützung kaum machbar, im Hinblick auf die zunehmende Regulierung den Überblick zu behalten und dies im operativen Tagesgeschäft umzusetzen. Sie müssen sich also auf die Kompetenz und den Support der Compliance-Abteilung verlassen können. Insofern ist Compliance unabdingbar – und zugleich einer der wenigen Unternehmensbereiche, die weitgehend unabhängig von Hierarchien operieren, um die Objektivität zu gewährleisten. Zusammengefasst tragen wir also eine große Verantwortung.“

Ist die DSGVO dabei ein Klotz am Bein?

„Ich will es mal so sagen: Die DSGVO verfolgt, wie das BDSG, mit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte wichtige Ziele. Besonders hilfreich und leicht verständlich sind einige der Vorschriften und deren Auslegungen durch die Behörden aber nicht – selbst für Fachleute. Umso wichtiger ist, dass wir das Wissen dazu im gesamten Konzern ständig aktualisieren und eng mit unserem externen Datenschutzbeauftragten zusammenarbeiten. So finden wir praxisorientierte Lösungen, die aber dennoch die strengen rechtlichen Vorgaben erfüllen.“

Welche Bedeutung haben Kartellrecht und das Lieferkettengesetz?

„Beides sind sehr sensible und wichtige Bereiche. Natürlich müssen und wollen wir als dalli uns selbst strikt an die letztlich auch die Endverbraucher schützenden kartellrechtlichen Vorgaben halten, sowohl im Verhältnis zu Wettbewerbern als auch im Umgang mit Kunden und Lieferanten; die erforderlichen Kenntnisse vermitteln wir in regelmäßigen Schulungen und durch individuelle Beratung der Mitarbeitenden in den relevanten Unternehmensbereichen. Auf der anderen Seite sind wir Lieferant mächtiger Handelsunternehmen und Kunde von teilweise sehr marktstarken Lieferanten. Insofern können wir im Fall widerrechtlicher Preisabsprachen und ähnlicher kartellrechtswidriger Verhaltensweisen auch einmal in die Rolle des Geschädigten geraten. Darum ist Kartellrecht eine unserer Schwerpunktaufgaben.

Beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) geht es für uns als Unternehmen letztlich darum, einen Beitrag dazu zu leisten, die menschenrechtlichen und umweltrechtlichen Bedingungen in der gesamten Lieferkette zu verbessern. Dieses Ziel unterstützen wir selbstverständlich vollumfänglich und haben ein entsprechendes Risikomanagementsystem implementiert. Teilweise sind aber die Anforderungen, die das Gesetz aufstellt, sehr hoch und in der Praxis nicht immer leicht umzusetzen. Das Gesetz steht aber unter dem Vorbehalt der Angemessenheit, und so verfolgen wir im Einklang mit dem LkSG einen risikobasierten, verhältnismäßigen Ansatz im Hinblick auf die uns auferlegten Sorgfaltspflichten. Eine hundertprozentige Kontrolle unserer Zulieferer, gerade solcher, die uns aus anderen Kontinenten Rohstoffe liefern, ist uns zwar kaum möglich. In unserem Handlungsrahmen tragen wir aber dazu bei, dass Verletzungen von Menschenrechten und Umweltschädigungen sowohl in unserem eigenen Geschäftsbereich als auch bei unseren Zulieferern ausbleiben. Nicht zuletzt erwarten dies auch unsere Geschäftskunden, die selbst unter das LkSG fallen und uns unter anderem durch ihre teilweise sehr umfassenden Lieferantenkodices zu einem ethischen Wirtschaftsverhalten auffordern – ebenso wie wir unsere Lieferanten durch unseren eigenen Lieferantenkodex zur Einhaltung von Menschenrechten und des Umweltschutzes verpflichten.“

dalli legt viel Wert darauf, ein Familienunternehmen zu sein. Inwiefern beeinflusst oder prägt dies Ihre Arbeit? 

„Für unser Familienunternehmen ist der langfristige Unternehmenserfolg wichtiger als kurzfristige wirtschaftliche Gewinne. Diese Haltung unterstützt auch die Umsetzung einer Compliance-Kultur. Die Werte und Überzeugungen, die uns als Familienunternehmen prägen, sind fester Bestandteil der Firmenkultur von dalli; diese ist aber nicht in Stein gemeißelt, sondern entwickelt sich kontinuierlich weiter. Zu den grundlegenden Werten unseres Familienunternehmens gehören natürlich auch die Rechtschaffenheit und ein ethisches (Wirtschafts-)Verhalten. Wir gestalten unseren gemeinsamen Arbeitsalltag durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, um dieser Haltung gerecht zu werden.“ 

Dennoch bleibt auch ein Familienunternehmen nicht unbedingt von regelwidrigemVerhalten verschont. Hatten Sie solche Fälle? 

„Es wäre unrealistisch zu glauben, dass in einem Familienunternehmen keine Regelverletzungen vorkommen. Oft geschehen diese aus Unwissenheit, was wir durch Aufklärungsarbeit zu minimieren versuchen. Leider gibt es aber auch Fälle, in denen Regeln absichtlich missachtet werden.“ 

Zum Beispiel? 

„In der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, in denen Mitarbeitende ihre Arbeitszeiten nicht korrekt angegeben haben. Wenn wir solche Fälle oder andere vorsätzliche Regelverstöße aufdecken – die glücklicherweise die absolute Ausnahme darstellen –, hat dies natürlich ernsthafte Konsequenzen. Dennoch möchte ich betonen: Wenn wir entsprechende Hinweise erhalten, versuchen wir, im Rahmen von internen Untersuchungen den Sachverhalt aufzuklären. Wir sehen uns jedoch stets als Ansprechpartner und Ratgeber für unsere Mitarbeitenden und die Geschäftsführung.“ 

Dennoch werden Sie sicherlich aus dem Betrieb auf mögliches Fehlverhalten hingewiesen…

„Ja, gelegentlich. Wir haben ein digitales Hinweisgebersystem, über das uns anonym oder mit Nennung des Namens Hinweise zu möglichen Regelverletzungen erreichen. Unsere Mitarbeitenden kommen aber auch in unser Büro oder rufen uns an, um in unklaren Fällen sicherzustellen, dass sie oder andere in Übereinstimmung mit den Compliance-Regeln handeln. Wir schätzen das Vertrauen, das uns zahlreiche Mitarbeitende entgegenbringen, sehr – es ist ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur unseres Familienunternehmens.“ 

Neben der Zentrale in Stolberg betreibt dalli an vier Standorten Werke, davon zwei in den Niederlanden. Wie gewährleisten Sie, dass die Compliance-Regeln konzernübergreifend auf gleichem Niveau eingehalten und vermittelt werden? 

„Unsere internen Compliance-Richtlinien sind alle in deutscher und niederländischer Sprache verfügbar und allen Mitarbeitenden zugänglich. Wir besuchen alle Standorte regelmäßig und führen dort Compliance-Schulungen durch. Zudem arbeiten an jedem Standort Kolleginnen und Kollegen, die mit den relevanten Themen gut vertraut sind. Wir haben mit ihnen ein gut funktionierendes Netzwerk aufgebaut, in dem wir uns regelmäßig austauschen. Die positiven Erfahrungen zeigen, dass wir uns aufeinander verlassen können.“ 

Inwiefern sind Chancengleichheit, Equal Pay und die Verhinderung von Diskriminierung Teil Ihres Aufgabengebietes? 

„Natürlich fällt all das auch unter den Begriff der Compliance. Denn auch in diesen Bereichen gibt es zahlreiche EU- und nationale Gesetze und Vorgaben, die es umzusetzen und einzuhalten gilt. Man denke nur an das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern (Entgelttransparenzgesetz) oder das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, um nur zwei Beispiele zu nennen. Gerade in diesen Bereichen arbeiten wir eng mit der Personalabteilung und dem Betriebsrat zusammen, denn es ergeben sich bei der Umsetzung naturgemäß thematische Schnittmengen.“ 

Ist Compliance für Sie nur ein Beruf – oder auch eine Lebenseinstellung? 

„Wenn man Risikominimierung durch vorausschauendes Planen, Prinzipientreue und den steten Erwerb von Wissen zu Lebensprinzipien erklärt, ist das aus meiner Sicht durchaus eine vernünftige Lebenseinstellung.“